Wer sein dauernd selbst genutztes Wohneigentum mit Gewinn verkauft, muss eine sogenannte Grundstückgewinnsteuer entrichten. Die Höhe der Steuer hängt unter anderem davon ab, wie lange man das Wohneigentum besessen hat. Sie wird ganz oder teilweise aufgeschoben, wenn erneut Wohneigentum erworben wird mit dem Ziel, dieses selbst und dauernd als Hauptwohnsitz zu benutzen.
So war es auch bei einem Ehepaar, das seine Eigentumswohnung in einer Zürichseegemeinde für 1,85 Millionen Franken verkauft und in der Folge im Kanton Graubünden eine Liegenschaft für 5,25 Millionen Franken als neuen Hauptwohnsitz erworben hatte. Die Gemeinde schob die Grundstückgewinnsteuer auf, weil es sich bei der Graubündner Liegenschaft um eine sogenannte Ersatzbeschaffung handelte. Lange blieb die Liegenschaft aber nicht Hauptwohnsitz des Paares. Schon 22 Monate nach dem Einzug verlegte es aus beruflichen Gründen seinen Wohnsitz nach Grossbritannien.
Nachsteuern: 234 000 Franken
Zwei Jahre nach dem Wegzug forderte die Zürcher Gemeinde vom Ehepaar per Nachsteuerverfügung knapp 234'000 Franken. Begründung: Für einen Steueraufschub verlange das Gesetz eine «dauernde» Nutzung. Davon könne bei einer Wohndauer von lediglich 22 Monaten keine Rede sein. Mit der Verlegung des Hauptwohnsitzes nach Grossbritannien mutiere die Liegenschaft in der Schweiz zum Zweitwohnsitz. Mit anderen Worten: Die Ersatzbeschaffung wird zweckentfremdet.
So sahen es auch das Steuerrekurs-und das Verwaltungsgericht. Doch das Bundesgericht hob auf Beschwerde des Paares hin die Nachsteuerverfügung auf, wie aus dem am Donnerstag veröffentlichten Urteil hervorgeht. Was unter dem Begriff «dauernd» zu verstehen sei, werde bundesrechtlich geregelt. Die Kantone hätten keinen Spielraum, das nach eigenem Gutdünken festzulegen. Das Bundesgesetz über die Harmonisierung der Steuern schreibe keine Mindestdauer vor. Deshalb spiele es auch keine Rolle, dass das Paar nur 22 Monate im neuen Objekt gewohnt habe. Das Bundesgericht schuf gleich auch noch in einem anderen Bereich Klarheit. In einem Rundschreiben vom 31. März 2014 hatte die kantonale Finanzdirektion den Gemeinden mitgeteilt: Der ursprünglich gewährte Steueraufschub falle weg und der aufgeschobene Gewinn müsse nachbesteuert werden, wenn das «Ersatzobjekt innerhalb von fünf Jahren nach Veräusserung des ursprünglichen Objekts» definitiv zweckentfremdet werde.
Folgen nicht bezifferbar
Der Passus muss gestrichen werden. Laut Bundesgericht bleibt «kein Raum» für eine vom Bundesrecht abweichende kantonale Regelung» - schon gar nicht in Form eines Rundschreibens. Deshalb wäre es auch «nicht zulässig», die nachträgliche Besteuerung der Ersatzbeschaffung mit den Vorgaben dieses Rundschreibens zu rechtfertigen.
Roger Keller, Sprecher der kantonalen Finanzdirektion, sagt auf Anfrage, der Kanton sei von diesem Urteil nicht direkt betroffen, weil die Grundstückgewinnsteuer von den Gemeinden erhoben werde. Die Finanzdirektion werde das Rundschreiben aber «in Zusammenarbeit mit den Gemeinden», dem Bundesgerichtsurteil folgend, anpassen. Als Folge des Urteils wird auch die Stadt Zürich ihre Praxis anpassen, wie Patrick Pons, Sprecher des Finanzdepartements, sagt. Die finanziellen Auswirkungen Iiessen sich nicht exakt bestimmen. Sie seien aber, verglichen mit den Grundstückgewinnsteuern insgesamt, «nicht gravierend». Im vergangenen Jahr nahm die Stadt Zürich Grundstückgewinnsteuern in der Höhe von 252 Millionen Franken ein.
Urteil2C_306/2016, kommentiert vom Thomas Hasler, NZZ am Sonntag, März 2017