Wer am See bauen will, muss Auflagen und Gesetze in grosser Zahl berücksichtigen. Am Ufer sollen keine grossen Bauten entstehen, und die Durchlässigkeit und Zugänglichkeit für die Öffentlichkeit soll erhöht werden. So will es beispielsweise das eidgenössische Raumplanungsgesetz. Bis vor kurzem hat der Kanton Zürich zur Umsetzung solcher Ziele Tausende von Konzessionen und Bewilligungen verwendet, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts vergeben worden waren.
Ergänzungen zur BZO nötig
95 Prozent des Zürichseeufers bestehen aus damals für Strasse und Bahn aufgeschüttetem Land. Für diese sogenannten Landanlagen erteilte der Kanton Konzessionen, die mit den verschiedensten Auflagen verknüpft waren. Das Land ging zwar allmählich in Privateigentum über, die Auflagen aber blieben – und dienten dem Kanton als Hebel, um die Interessen der Öffentlichkeit zu wahren. 2013 stellte das Bundesgericht dies ab; die Sonderbehandlung des Konzessionslands sei eine «Spezialbauordnung» ohne genügendes rechtliches Fundament, hiess es im Entscheid zu einem Fall aus Rüschlikon.
Die geforderte Rechtsgrundlage wird nun mit einem neuen Paragrafen 67a im kantonalen Planungs- und Baugesetz geschaffen. Der Regierungsrat hat die Baudirektion ermächtigt, die Bestimmung in die Vernehmlassung zu schicken. Konkret geht es darum, dass in den Bau- und Zonenordnungen der Ufergemeinden ergänzende Festlegungen zu Bauten, Anlagen und Umschwung zu treffen sind. Die Gemeinden müssen also ein Regelwerk ähnlich einem Kernzonenplan für die Seeufer entwickeln. Von der Schaffung eigener Uferzonen, von denen vor zwei Jahren noch die Rede war, wird jetzt abgesehen.
Im neuen Paragrafen ist auch festgehalten, was alles geregelt werden soll, nämlich unter anderem Baubereiche, Stellung und Erscheinungsbild von Gebäuden, Länge, Breite und Höhe von Bauten und Anlagen sowie die Behandlung des Umschwungs. In einem ersten Schritt waren in Zusammenarbeit mit den Ufergemeinden Empfehlungen für all diese Punkte erarbeitet worden. Hinter diesen Empfehlungen steht die Idee, dass an den Ufern auch künftig nur sehr behutsam gebaut werden soll.
Die neue Arbeitsteilung
Die Gemeinden können also innerhalb eines vorgegebenen Rahmens entscheiden, wie sich die Uferbereiche auf ihrem Gebiet entwickeln sollen. Künftig werden auch sie – und nicht mehr der Kanton – über Gesuche für Bauten auf Konzessionsland entscheiden. Der Kanton seinerseits hat die Aufgabe, den Gewässerraum festzulegen, also jene Uferzone, in der nur noch standortgebundene Bauten im öffentlichen Interesse entstehen dürfen. Das eidgenössische Gewässerschutzgesetz gibt dafür einen Abstand zum See von 15 Metern vor (in einer Übergangsphase sogar von 20 Metern). Ausnahmen sind in dicht bebautem Gebiet möglich.
Die Konzessionen haben übrigens trotz allem nicht ganz ausgespielt. Zwar sind die baulichen Einschränkungen mit der neuen Gesetzgebung obsolet, andere Auflagen bleiben aber bestehen, etwa Bestimmungen zur Durchleitung von Wasser, zum Unterhalt von Ufermauern oder zur Abtretung von Land für öffentliche Wege und Strassen. Zudem fusst das Eigentum an den Landanlagen auf den Konzessionen, weshalb sie schon aus rechtlichen Gründen weiterbestehen müssen.
Zu den neuen Festlegungen hat die Baudirektion ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, in dem es unter anderem um solche Fragen geht. Die zentrale Frage an die Gutachter Tobias Jaag und Markus Rüssli lautete, ob mit der neuen Bestimmung in Paragraf 67a die öffentlichen Interessen noch gewahrt werden könnten. Diese Frage wird bejaht: Die öffentlichen Interessen blieben mit dem neuen Paragrafen, zusammen mit den Vorgaben der Richtplanung, durchaus gewahrt. Ein Teil dieser öffentlichen Interessen könnten zudem mit den Ausnahmebewilligungen für Bauten im Gewässerraum wahrgenommen werden.
Die Baudirektion wollte überdies wissen, ob die Nebenbestimmungen in den Konzessionen überhaupt noch gültig seien. Auch dies bejaht das Gutachten: Der Kanton könne sich nach wie vor auf die in den Konzessionen eingeräumten Rechte berufen. Für diese bestehe auch eine genügende Rechtsgrundlage, und sie seien «weder durch Zeitablauf noch durch Nichtausübung untergegangen». Die Vernehmlassung zum neuen Paragrafen im PBG dauert vom 12. Mai bis zum 11. August.
Adi Kälin, NZZ vom 13.05.2017