Artikel im Persönlich, das schweizerische Kommunikationsmagazin für Entscheidungsträger und Meinungsführer, Juni 2019                                   
Text: Clau Isenring

 

«Keine Bank hätte dafür je eine Hypothek gegeben»

Schloss Eugensberg oberhalb Salenstein hat eine bewegte Geschichte. 1820 von Napoleons Stiefsohn erbaut, war es später Familiensitz der Unternehmerfamilie Hippolyt Saurer, dann öffentliches Museum, Erholungs- und Ferienheim, daraufhin Sitz der Familie von Rolf Erb und schliesslich Teil der Konkursmasse Rolf Erb. Per 1. März 2019 wurde es von Ginesta Immobilien verkauft. Claude Ginesta, Inhaber und CEO von Ginesta Immobilien AG sowie Vizepräsident der Schweizerischen Maklerkammer, erzählt im Interview, wo die grössten Herausforderungen lagen.

 

Herr Ginesta, wie kommt man als Makler an ein geschichtsträchtiges Prestigeprojekt wie Schloss Eugensberg?
Ein gewisses Renommee ist sicherlich nötig, um überhaupt auf dem Radar des Verkäufers zu erscheinen. In diesem Fall war der Verkäufer das Konkursamt des Kantons Thurgau, das vier Makler zum Pitch einlud. Wie in jedem Pitch galt es auch hier, ein überzeugendes Dossier und eine gute Offerte abzugeben. Uns war es zudem ein Anliegen, das komplexe Zusammenspiel von verschiedenen Auflagen und Gesetzen aufzuzeigen – von der Denkmalpflege bis zum bäuerlichen Bodenrecht. Und weil das Schloss Eugensberg im Konkurs war, spielte auch das SchKG eine Rolle. 

Wo lagen die Schwierigkeiten?
Am Anfang standen wir vor achtzig Hektaren «en bloc» – es gab keine Freistellung, alles war im Landwirtschaftsgebiet. Wir hatten also ein Produkt, das quasi unverkäuflich war. Keine Bank hätte dafür je eine Hypothek gegeben. Zum Anwesen gehörten ein Bauernhof, ein Badehaus am See, die Burg und der Weiler Sandegg mit Baulandreserve, Wälder, Gewässer, öffentliche Wege, Landwirtschaft, kulturhistorische Zonen und Parkzonen. Wir haben es dann geschafft, Parzellen zu bilden, und konnten so die Liegenschaft vom bäuerlichen Bodenrecht freistellen. Diese Strukturierung zu Beginn war entscheidend, um überhaupt ein vermarktbares Produkt zu kreieren. In der Folge mussten wir verschiedene Verkaufsobjekte bewerten, beschreiben und in Dokumentationen aufbereiten – für den Fall, dass sich kein Käufer für das gesamte Anwesen finden würde. Der Käufer, Christian Schmid, hat schliesslich aber einen grossen Teil als historische Einheit übernommen. 

«Der Druck war riesig, seit Jahrzehnten hatte niemand mehr Zutritt zum Schloss Eugensberg gehabt.»

Das Medieninteresse war riesig.  Hat Sie das bei der Arbeit gestört, oder war es für den Verkauf sogar hilfreich?
Ein Schloss, eine schweizweit bekannte Unternehmerfamilie, ein Konkurs – wir wussten, dass sich die Medien für den Verkauf von Schloss Eugensberg interessieren würden. Der Druck war riesig, denn seit Jahrzehnten hatte niemand mehr Zutritt zum Schloss gehabt. Um etwas Ruhe reinzubringen, machten wir am 12. April 2018 einen Event für alle Medien und öffneten das Erdgeschoss für Foto- und Filmaufnahmen. Das brachte eine unglaubliche Reichweite, und Schloss Eugensberg erschien fast in allen Medien. Diese Publizität half uns natürlich auch im Verkauf. Allerdings hatten wir bereits eine Liste potenzieller Käufer, die sich schon seit Jahren für das Schloss interessierten. 

Wie haben Sie die Besichtigungen organisiert?
Interessenten erhielten zuerst einen PDF-Teaser mit Beschrieben der Verkaufsobjekte. Dann mussten sie den Nachweis erbringen, dass sie über mindestens 25 Millionen Franken verfügen. In dieser Region lag der geschätzte Verkaufspreis für das Schloss allein. Nur wer über die nötige Finanzkraft verfügte, wurde zu einer ersten Besichtigung vor Ort eingeladen, wo wir ein rund achtzigseitiges Buch mit historischen Fakten, Fotos und rechtlichen Informationen abgaben, das wir speziell für den Verkauf produziert hatten. Interessenten, die eine Offerte einreichten, erhielten dann Zugang zu einem sehr umfangreichen elektronischen Datenraum. Die individuellen Besichtigungen waren oft sehr aufwendig. Es gab Interessenten, die bis zu sechs Besichtigungen machten – mit der Denkmalpflege, mit unterschiedlichen Fachleuten und Schätzern sowie Sachverständigen, die die Bausubstanz untersuchten. Es ging dabei vor allem darum, abzuschätzen, welche Verpflichtungen ein Kauf mit sich bringen würde respektive welche Änderungen und Individualisierungen möglich wären denn die Liegenschaft wurde 1993 das letzte Mal saniert, das sind doch rund 25 Jahre Unterhaltsstau. 

Gab es auch Interessenten, denen das Ganze schlicht zu kompliziert war?
Ja, wir hatten auch sehr vermögende und bekannte Persönlichkeiten, die wegen denkmalpflegerischer Auflagen abwinkten. Wir wussten, Schloss Eugensberg braucht einen Käufer, der das «royale Wohnen» schätzt und mit dieser Bausubstanz umgehen kann. Käufer, die einen repräsentativen Landsitz suchen, den sie nach ihrem Gutdünken umbauen können, waren hier nicht die Zielgruppe. Gerade Schlösser sind in dieser Beziehung speziell, da sie als schützenswerte überregionale Objekte gelten und bei einem Verkauf entsprechend verschiedenste Behörden involviert sind. 

Ihr Unternehmens-Claim lautet «Wir lieben das Besondere». Sind Schlösser Ihre Spezialität?
Nein, wir sind Dienstleister und haben verschiedene Sparten. Vom Schlossverkauf kann kein Makler in der Schweiz leben. Ginesta hat im Verkauf von Schlössern aber viel Erfahrung und das nötige Spezialwissen – wir kennen die Gesetze und wissen, wie man mit den zuständigen Ämtern und Behörden verhandelt. Unsere Aufgabe als Dienstleister ist es, im Dialog Kompromisse zu finden, damit ein Schloss möglichst komfortabel und nach den Vorstellungen des Käufers bewohnt werden kann. 

Das tönt nach Fingerspitzengefühl und diplomatischem Geschick …
Das sind grundsätzlich Fähigkeiten, die einen guten Makler auszeichnen – nicht nur beim Schlossverkauf, sondern bei jedem Objekt. Wir vermitteln zwischen Käufer und Verkäufer, wir verhandeln und zeigen Möglichkeiten, aber auch Grenzen transparent auf. Beim Schloss Eugensberg gab es beispielsweise Interessenten, die umfangreiche Änderungen planten. Denen haben wir sofort gesagt, dass das nicht möglich sein werde. 

Wird man als Makler mit einem Projekt wie Schloss Eugensberg reich?
Wir haben in diesen Verkauf insgesamt zwei Jahre voller umfangreicher Abklärungen mit Behörden, aufwendigen Besichtigungen und ganz viel Administration investiert. Im Februar/März 2017 haben wir den Auftrag erhalten, um Weihnachten 2018 konnten wir einen Vorvertrag abschliessen. Da es sich um einen Konkursverkauf handelte, hatten die Gläubiger im Rahmen des Freihandverkaufs noch einmal dreissig Tage Zeit, um ein höheres Angebot zu machen. In den Medien konnte man damals auch lesen, dass zum Schluss nochmals ein Bieterduell zwischen zwei Interessenten entbrannte. Selbst nach dem  Zuschlag für das höchste Gebot gibt es im Freihandverkauf eine sogenannte Freihandverfügung, die vom Konkursbeamten verfasst wird und erst nach dreissig Tagen rechtskräftig wird. Anfang März 2019 war der Verkauf dann offiziell. 

«Vom Schlossverkauf kann kein Makler in der Schweiz leben.»

Sie haben aber am Schluss dennoch etwas verdient an Schloss Eugensberg? 
Ja. Das Maklergeschäft ist transaktionsorientiert, das heisst, wenn eine Transaktion stattfindet, erhält der Makler im Normalfall eine gute Provision. Die zwei Jahre Vorleistungen waren ein immenses Investment und auch ein grosses unternehmerisches Risiko. Denn wäre es nicht zu einem Verkauf gekommen, was gerade bei Schlössern durchaus passieren kann, hätten wir einen empfindlichen Verlust hinnehmen müssen. Die ganze Arbeit und die Zeit wären nicht abgegolten gewesen, und wir hätten höchstens die Drittkosten erstattet bekommen. Um ein solches Projekt durchzuziehen, braucht man einen guten Deal-Flow, ein solides Portfolio und eine gute Auslastung. 

Was war für Sie rückblickend die grösste Herausforderung bei diesem Projekt?
Die Gespräche mit der Denkmalpflege. Wir hatten kein Raumbuch, die Liegenschaft war nicht inventarisiert, und die Denkmalpflege hatte ziemlich klare Vorstellungen davon, was möglich ist und was nicht. Das bedingte grössere «Findungsphasen». Wir haben aber mit Christian Schmid einen Käufer gefunden, der grosses Verständnis aufbringt für diese Bausubstanz. 

Sie sind Vizepräsident der Schweizerischen Maklerkammer – was bringt Ihnen diese Verbindung zur SMK?
Die Maklerkammer ist für jedes Mitglied eine Verpflichtung und für jeden Klienten eine Garantie, dass sauber gearbeitet wird. Es gibt keine halben Sachen, keine Schwarzgeldgeschäfte und keine krummen Deals. Unabhängig von der Grösse einer Liegenschaft oder vom Verkaufspreis gilt: Die SMK-Mitgliedschaft ist ein Qualitätssiegel, weil die Schweizerische Maklerkammer jedes Mitglied auf Herz und Nieren prüft. Ich selber führe regelmässig Audits durch, und wir gehen negativen Rückmeldungen zu unseren Mitgliedern sofort und umfassend nach. Das sind wir unseren Klienten schuldig. 

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