Next Property auf zu neuen Ufern.

Das Immobilienportal gehört zur Hälfte den Kantonalbanken und Immobilienfirmen. Diese haben ihre Interessen in der Next Property AG gebündelt. Kürzlich wählte die Generalversammlung Claude Ginesta zum neuen Verwaltungsratspräsidenten. Eine gute Gelegenheit, ihn über seine Zukunftspläne zu befragen.

Gratulation zur Wahl. Was bedeutet dir dieses Amt?

Ich habe mich zur Verfügung gestellt, weil sich Next Property in einer Umbruchphase befindet und neue Impulse guttun. Ich sehe es als einen Dienst gegenüber der Immobilienwirtschaft. Man darf nicht immer nur an den eigenen Vorteil und an den nächsten Tag denken. Weitsicht und einen Beitrag für die Branche zu leisten hat mich schon die letzten 6 Jahre als Vizepräsident der Maklerkammer bewegt.

Welche Akzente möchtest du als VRP setzen?

Wir wollen für unsere Aktionäre mit allen Mitteln ihre Kundenschnittstelle und Daten beschützen. Nebst dem Besitz der Daten durch einen der führenden Marktplätze (Newhome) gilt es nun, dass die Immobilienwirtschaft als Ganzes in ein umfassendes Ökosystem integriert wird und damit jedes Immobilienunternehmen die Hoheit über die Customer Journey erhält. Wir sind ein Team in diesem Kampf und haben einen schlagkräftigen Verwaltungsrat zusammengestellt, welcher bald die nötigen neuen Akzente setzen wird.

Wie beurteilst du die Situation bei den Marktplätzen?

Eigentlich ist genau das eingetroffen – einfach rascher - wovor wir immer gewarnt haben. Das ist nicht nur eine Theorie, sondern der Zusammenschluss von Zillow und Tulia in den USA hat es vorgemacht. Es lohnt sich, einen genauen Blick über den Teich zu werfen, um zu verstehen, wo die beiden grössten schweizerischen Marktplätze hinwollen. Weil das genau Gleiche droht, wie in den USA. Es sollte damit auch dem letzten Zweifler klar werden, dass Homegate und ImmoScout nicht die Partner der Immobilienwirtschaft sind. 

Es war darum sehr wichtig, dass Next Property gegründet wurde. Aktuell haben wir 506 Aktionäre aus der Immobilienwirtschaft. Zusammen mit dem Westschweizer Pendant Immobilier.ch mit weiteren 120 Aktionären vereinen wir bereits über 600 Unternehmen, welche das Heft in die eigenen Hände genommen haben und die Zukunft selber bestimmen wollen.

Aktuell spannend: ImmoScout versucht, Preiserhöhungen von 15-20% umzusetzen. Das kennen wir aus Deutschland, wo die ImmoScout.de fast im Monatstakt die Preise erhöht hat.

Wie wird sich newhome.ch entwickeln?

Die aktuellen Benutzerzahlen sind in einem schwierigen Marktumfeld mit kurzen Insertionszeiten und weniger Objekten positiv. Sowohl Verkaufsobjekte (weniger Objekte sind kürzer auf dem Markt) wie auch Mietobjekte (kürzere Leerstandzeiten) verlangen immer weniger Objekttage. Was man sicher sagen kann: Die Preise bei newhome.ch sind zu tief, hier liefert das Portal im Vergleich zu den teuren Marktplätzen viel mehr Response pro investierten Franken. Newhome.ch könnte aufgrund der Performance sogar ihre Preise erhöhen.

Seit vielen Jahren lässt du dich von Amerika inspirieren. Was hast du von deinen Reisen für die Immobilienbranche mitgebracht?

Ich beobachte Mike Del Prete und sehe ihn als den versiertesten Fachmann, welcher die weltweite Entwicklung verfolgt. Seine Analysen zeigen auf, dass der neue Wettstreit über die «Customer Journey» und damit die Eroberung der Kundenschnittstelle geführt wird. Die Marktplätze realisieren als erste, dass ein Mieter oder Käufer etwas sucht. So werden sie in Zukunft der Immobilienwirtschaft die Mieter- und Käuferleads für 30-40% der Provisionen verkaufen wollen. In den USA und in Deutschland ist das schon der Fall. Die Schweiz wird keine Insel der Glückseligkeit für die Immobilienwirtschaft bleiben, wenn sich niemand zur Wehr setzt.

Wo siehst du die Immobilienbranche bezüglich Digitalisierung?

Die Marktplätze setzen alles daran, die Schnittstellen zu beherrschen. Sie kaufen alle bekannten Softwareunternehmen für Makler und Bewirtschafter auf. Das ist eine weitere gefährliche Entwicklung, welche Next Property Sorgen bereitet.

In der Bewirtschaftung sieht es so aus: Wichtige Add-ons wie Vermarktungs-Features, «Document Management Systeme» oder Mieter-Onboaring Tools werden absichtlich nicht ins Bewirtschaftungsprogramm integriert. Man verkauft die Nutzung der Schnittstellen (API) nochmals teuer an die Kunden. Die Softwareanbieter erhalten zudem mit ihren Lösungen die Kundendatenhoheit und monetarisieren diese in ihren Ökosystemen. Zum Beispiel versucht man mit dem digitalen Vermietungsprozess die Bewirtschaftungsunternehmen und Immobilienbesitzer direkt auf die Plattformen zu lenken. So lockt man die Mietinteressenten weg von den Websiten der Anbieter.

Was hast du persönlich bei deiner Firma digitalisiert?

Das ist ein laufender Prozess. Wir haben all unsere Prozesse in Checklisten festgelegt, eine Art digitale ISO Zertifizierung. Hier vertrete ich die Meinung, dass wir wie Piloten mit Checklisten arbeiten sollen. Ein Kunde soll immer die gleiche Dienstleistungsqualität erhalten, ob in St. Moritz oder in Zürich Nord. Nun sind wir daran, alle administrativen Prozesse weitgehend zu automatisieren und stellen dabei fest, dass die gängigen Maklertools noch zu wenig Innovationen bieten.