Konventionalstrafe oder pauschalisierter Schadenersatz?

Bei Werkverträgen wird im Falle der Nichteinhaltung der Erfüllungszeit sehr häufig eine Konventionalstrafe vereinbart, deren Höhe unabhängig vom tatsächlich eingetretenen Schaden ist. Die Parteien können auch die Höhe des zu ersetzenden Verspätungsschadens im Voraus festlegen (sog. liquidated damages clause). Nachfolgend werden die wichtigsten Unterschiede aufgezeigt.

Fragestellung
Darf eine General- (GU) oder eine Totalunternehmerin (TU) im Werkvertrag mit der Bauherrin mittels einer pauschalisierten Schadenersatzklausel vereinbaren, dass im Falle von einem Verspätungsschaden bzw. anderen Schaden, die Haftung der GU/TU nur auf einen im Voraus bestimmten Betrag beschränkt ist? Was ist der Unterschied zwischen pauschalisiertem Schadenersatz und einer Konventionalstrafe?

Die Konventionalstrafe
Die GU/TU und die Bauherrin können eine Vertragsstrafe vereinbaren («Konventionalstrafe»), die dann ausgelöst wird, wenn der Schuldner gegen eine bestimmte vertragliche Verpflichtung verstösst. Trotz ihrer Bezeichnung dient eine Konventionalstrafe hauptsächlich zur Förderung der Erfüllung der Hauptleistungspflicht und damit der Sicherung der Interessen des Gläubigers und nicht allein der Bestrafung des Schuldners. Die Konventionalstrafe verbessert die Gläubigerstellung durch die Befreiung des Gläubigers vom Nachweis des Schadens. Darüber hinaus wird eine Konventionalstrafe häufig dort verwendet, wo die Berechnung des Schadens schwierig oder unmöglich ist (z.B. im Zusammenhang mit Wettbewerbsverboten in Arbeitsverträgen, bei Vertraulichkeitsvereinbarungen oder bei Verzögerungen und Verspätungsschäden in Werkverträgen). Die Konventionalstrafe wird fällig, sobald deren vereinbarten Bedingungen (i.e. Nichterfüllung oder Verletzung der Hauptleistungspflicht) erfüllt sind. Ohne anderslautende Vereinbarung ist der Gläubiger für die Durchsetzung der Konventionalstrafe nicht verpflichtet, den Eintritt eines tatsächlichen Schadens nachzuweisen (Art. 161 Abs. 1 OR). Ist dem Gläubiger ein Schaden entstanden und beträgt dieser Schaden mehr als die Höhe der Konventionalstrafe, so kann der Gläubiger den die Konventionalstrafe übersteigenden Betrag zusätzlich geltend machen, sofern der Gläubiger nachweisen kann, dass der Schaden durch ein Verschulden des Schuldners entstanden ist und die Parteien den über die Vertragsstrafe hinausgehenden Anspruch nicht vertraglich wegbedungen haben.

Der pauschalisierte Schadenersatz / die Schdenpauschale (liquidated damages clause)
Der pauschalisierte Schadenersatz ist im schweizerischen Recht nicht ausdrücklich geregelt und dennoch zulässig. Dieser  bezweckt  die Kompensation eines zu erwartenden Schadens sowie die vereinfachte Durchsetzung des Schadenersatzanspruchs in Fällen, in denen die Bestimmung des tatsächlich eingetretenen Schadens schwierig ist und dennoch die Höhe des pauschalisierten Schadenersatzes eine angemessene und verhältnismässige Entschädigung zu diesem tatsächlichen und erwarteten Schaden ist. Wenn der pauschalisierte Schadenersatz unverhältnismässig hoch ist, könnte es sich um eine Konventionalstrafe handeln. Der pauschalisierte Schadenersatz bezweckt, wie schon die Konventionalstrafe, die Erleichterung der Beweislast des Gläubigers: Neben der vertraglichen Vereinbarung ist die einzige Voraussetzung der Durchsetzbarkeit des pauschalisierten Schadenersatzes der Eintritt eines Schadens, dessen Höhe jedoch nicht nachgewiesen werden muss. Dies ist eine erhebliche Erleichterung in Fällen, in denen die Berechnung des Schadens schwierig ist. Zudem gibt es für die Vertragsparteien dank dem pauschalisierten Schadenersatz mehr Transparenz betreffend die finanziellen Folgen eines Schadens, da es gewöhnlich eine Haftungsbeschränkung enthält. In der Regel beschränkt der pauschalierte Schadenersatz die Haftung auf den jeweiligen vereinbarten Betrag. Ist ein Schaden eingetreten, muss der Schuldner grundsätzlich den vereinbarten Betrag zahlen, nicht weniger und nicht mehr, auch wenn ein geringerer Schaden eingetreten ist. Eine Herabsetzung ist nur in Ausnahmefällen möglich. Der Gläubiger darf grundsätzlich keinen zusätzlichen Schadenersatz einfordern, ausser in Fällen von rechtswidrigem Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Schuldners (eine Vereinbarung über den Verzicht auf die Haftung bei grober Fahrlässigkeit oder rechtswidriger Absicht ist nichtig, wenn sie im Voraus geschlossen wird).

Unterschied zwischen Konventionalstrafe und pauschalisiertem Schadenersatz
Im Unterschied zur Konventionalstrafe weist der pauschalierte Schadenersatz keine Straffunktion zur Sicherung der Vertragserfüllung auf, sondern zielt auf den zu erwartenden Schadenersatz ab. In der Regel muss der Gläubiger dabei nur das Vorliegen eines tatsächlichen Schadens beweisen, nicht aber dessen Ausmass. Vereinbaren die Parteien dagegen eine Konventionalstrafe, so ist der Gläubiger in der Regel nicht verpflichtet, einen tatsächlichen Schaden nachzuweisen, der durch die Durchsetzung einer solchen Vertragsstrafe entstanden ist.

Fazit
Obwohl der pauschalisierte Schadenersatz im schweizerischen Vertragswesen eher unüblich ist, ist es bei gegebenen Voraussetzungen durchaus möglich, den finanziellen vom Schuldner zu verantwortenden Schaden, auf einen im Voraus vereinbarten Betrag zu begrenzen.

Wir danken Luigi Lanzi für diesen Artikel. 

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