Neben pittoresken Dorfkernen wurden nun auch die Zürcher Bauten unter die Lupe genommen - und in sehr grosser Zahl für schützens- oder doch mindestens beachtenswert befunden. Fast die gesamte Stadt wurde ins Isos aufgenommen. In Zürich sickerte der Entscheid 2016 durch - und er traf die Kommission des Gemeinderats, die sich schon lange und vertieft mit einer Revision der Bau- und Zonenordnung (BZO) befasst hatte, ziemlich unvorbereitet. Wie sollte man mit den neuen Anforderungen des Bundes umgehen?
Der Stadtrat ging das Problem relativ pragmatisch an: Das Isos sei ja nur für Bauten des Bundes direkt anwendbar; bei kommunalen und kantonalen Planungen genüge es, das Bundesinventar «zu berücksichtigen». Dies sei schon damit zu erreichen, dass man mögliche Konflikte in Bezug auf das Isos aufliste und zeige, welche anderen Interessen einer direkten Anwendung entgegenstünden. Das könnten Verdichtungsinteressen sein, aber auch der Bau gemeinnütziger Wohnungen. Dringend sei die Sache zudem nicht: Weil es mit der laufenden BZO-Revision keine massgeblichen Um- und Aufzonungen gebe, würden sich auch potenzielle Konflikte zwischen dem Isos und lokalen Anordnungen nicht verschärfen.
Nun zeigt sich in einem aktuellen Rechtsfall, dass der Stadtrat da dem Gemeinderat einen etwas gar oberflächlichen Rat gab. Einige Anwohner im weiteren Umfeld des Spyriplatzes im Quartier Fluntern haben nämlich gegen die Umzonung des Gebiets von einer drei- in eine vierstöckige Wohnzone geklagt. Das Baurekursgericht wies den Antrag noch ab, das Verwaltungsgericht heisst die entsprechenden Beschwerden nun aber gut. Die Anwohner hatten moniert, dass bei der Aufzonung die Interessen des Isos nicht gebührend berücksichtigt worden seien. Dieser Einschätzung schliesst sich das Verwaltungsgericht an: Das Isos müsse auch bei kommunalen Planungen hinreichend berücksichtigt werden. Das sei besonders wichtig bei Bauten, die im Isos mit dem Erhaltungsziel A (Erhaltung der Substanz) aufgeführt seien. Im umstrittenen Gebiet ist dies der Fall.
Das habe die Stadt nur sehr pauschal getan, findet das Gericht nun. Die Objekte seien zwar aufgelistet worden, im Konfliktfall habe man sich aber «ausnahmslos gegen die vom Isos angeregten Änderungen entschieden - und zwar mit der stets gleichen stereotypen Begründung». Das sei selbst dort geschehen, wo nur eine mit dem Isos unvereinbare Zonierung vorlag - und keine weiteren entgegengesetzten Interessen. Die BZO-Festsetzung des Gemeinderats wird nun ebenso aufgehoben wie die entsprechende Genehmigung der kantonalen Baudirektion. Der Gemeinderat muss die Sache nochmals prüfen, das Isos dabei gebührend berücksichtigen und allenfalls eine Kernzone anstelle der Wohnzone 4 festsetzen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Mehrheit des Büros des Gemeinderats beantragt, den Entscheid ans Bundesgericht weiterzuziehen.
Urteil VB 2018.540 vom 9.1.2020.
Kälin, Adi. 2020. «Ortbildschutz missachtet» Neue Zürcher Zeitung, 31. Februar