Entwicklung der Raumplanung
Die Bau- und Zonenplanrevision wurde 1995 durch das Stimmvolk des Kantons Zürich angenommen. Mit dieser Revision wurden die Einfamilienhauszonen im ganzen Kanton Zürich abgeschafft. Durch die viel höheren Nutzungsmöglichkeiten werden heute immer mehr Einfamilienhäuser abgerissen und durch Mehrfamilienhäuser ersetzt. Dies war früher in ausgewählten (Landhaus-) Zonen undenkbar. Diverse Gemeinden haben ihre Berechnung von Wohnflächenmassen auf Baumasse umgestellt, was zu einer erhöhten Nutzungsmöglichkeit des Terrains geführt hat.
An den beiden Zürichseeufern sind die Immobilienpreise in den letzten fünf Jahren regelrecht explodiert. Es gibt kaum Angebote, die Nachfrage übersteigt das Angebot bei Weitem. Hat die Raumplanung versagt?
Zur aktuellen Situation – Verdichtung gegen Eigentümerrechte
Stimmen aus dem linken und grünen Lager werden lauter, welche eine weitere Verdichtung fordern. Die gleichen Exponenten lehnen eine Zersiedelung ab, also die Schaffung von neuen Wohngebieten in heutigen Reservezonen. Einzelne Gruppierungen fordern sogar, dass neue Einzonungen für reine Einfamilienhausquartiere grundsätzlich ausgeschlossen werden. Auch seien für die Verdichtung von inneren Baulandreserven, z. B. bestehender Einfamilienhausquartiere, architektonische Modelle zu erarbeiten. Fiskalisch wird von diesen Landschaftsschützern gefordert, dass unüberbaute Parzellen inmitten des Siedlungsgebietes belastet werden sollen. Sogar ein Erwerb der Verdichtungsparzellen durch die öffentliche Hand wird gewünscht.
Übrigens umfasst in der gesamten Schweiz die Siedlungsfläche knapp 7%, die Landwirtschaftsfläche dagegen 37 %. Im Kanton Zürich waren aber bereits 1996 rund 20.1 % der Kantonsfläche als Siedlungsgebiet ausgeschieden.
Gemeinden mit liberalem Hintergrund rund um den Zürichsee haben ganz andere Ziele. Sie wollen das private Wohneigentum schützen. Die Gemeinde Zollikon hat es 2005 in ihrem Antrag auf Abzonung auf den Punkt gebracht: Gemäss gültiger BZO sei Zollikon erst zu 2/3 überbaut, im Schnitt hätte also jede Parzelle noch die Möglichkeit, 1/3 mehr Baumasse zu erstellen. Trotzdem führe der Bauboom zu Problemen: „In etlichen Quartieren würde die flächendeckende, vollständige Konsumation der zulässigen Ausnutzung zu einem unerfreulichen und unerwünschten Ortsbild führen“. Leider hat die Gemeindeversammlung den Antrag auf Abzonung nicht angenommen, im Gegensatz zur Gemeinde Küsnacht, welche 2004 eine Abzonung in einigen Gemeindegebieten gutgeheissen hat. Ein Wettrüsten hat in Zollikon wie auch in anderen Gemeinden längst begonnen: Noch höher, noch breiter! Die Auswirkungen für die Grundstückseigentümer sind fatal, jeder verbaut sich die Sicht, der Nachbar kommt immer näher, die Privatsphäre leidet.
Die Grundstücke mit der grössten Privatsphäre findet man wohl in Zumikon, hier sind grosse Wohngebiete noch in einer wenig ausnutzbaren Zone W2/25 mit grossen Grenzabständen von 2 x 12m (zum Vergleich: viele Gemeinden haben in Wohnzonen nur 6 oder 7m Grenzabstände). In Zumikon werden die teuren Residenzen und Anwesen noch geschützt vor aufdringlichen Nachbarsbauten. Wie lange noch, steht in den Sternen. Im Rahmen der Verdichtung wird man sich in Zumikon wohl bald die Frage stellen, ob man das Bauen auch in Zukunft weiter so restriktiv halten kann. Der bürgerlich beherrschte Gemeinderat wird diese Frage sicher mit der nötigen Vorsicht prüfen. Denn auch in dieser Gemeinde hat man seit 1995 die Nutzungsmöglichkeiten bereits sehr deutlich erhöht, wie das Beispiel hier zeigt.
Fazit der aktuellen Situation
Die Entwicklung in der Raumplanung bleibt spannend und wird zu einem politischen Spielball zwischen liberalen und sozialistischen Ideen. Verdichtungstendenzen sind unverkennbar, von politischen Parteien, von Architekten (interessante Architektur) und vom Baugewerbe (Auftragspotential).
Es gilt zu entscheiden, für wie viele Einwohner eine Region gebaut werden soll, welche raumplanerische Massnahmen sinnvoll und von den Bürgern gewünscht/unterstützt werden. Eine Verdichtung durch Hochhausquartiere an unempfindlichen Lagen ist sicher zu diskutieren, aber die von einzelnen Exponenten geforderte Zerstörung grüner, gepflegter Wohnviertel ist sehr kritisch zu hinterfragen und dürfte wohl auch keine Zustimmung der Bevölkerung finden.
Die weitere Zunahme der Einwanderung und/oder eine Erhöhung des Wohlstandniveaus werden dazu führen, dass die Raumbedürfnisse in der Region Zürich grösser werden. Hier stellt sich unweigerlich die Frage, ob man in die Breite (Zersiedelung, neue Einzonung von Baulandreserven) oder in die Höhe (Verdichtung) sich entwickeln möchte. Beide Varianten haben Vor- und Nachteile, welche je nach Betrachter und Interesse unterschiedlich gewichtet werden. In jedem Fall werden die raumplanerischen Entscheide Auswirkungen auf die weitere Preisentwicklung in den Hot-Spots der Zürichseegemeinden haben.
Autor: Claude Ginesta
Claude A. Ginesta ist Eidg. dipl. Immobilientreuhänder und CEO / Inhaber von Ginesta Immobilien AG. Das Unternehmen wurde 1944 gegründet und ist auf den Verkauf von Immobilien im Wirtschaftsgebiet Zürich und Graubünden spezialisiert. Für Objekte mit überregionalem Charakter ist das Unternehmen mit Niederlassungen in Küsnacht, Horgen und Chur schweizweit als Makler tätig.
Herausgeber der Illusionen-Reihe: Ginesta Immobilien AG, www.ginesta.ch