Die Fakten zum Immobilienmarkt – und warum es keine Immobilienblase gibt. Wir vertreten die Meinung, dass es keine Blase gibt und wir darum auch nicht unmittelbar vor dem Platzen einer solchen stehen.
1. Wir brauchen unseren Wohnraum – Nutzung des neu geschaffenen Wohnraums / Wanderungssaldo in die Schweiz
Die Schweiz hat nach wie vor einen positiven Wanderungssaldo, d. h. es wandern mehr Menschen in die Schweiz ein als aus. Gewisse Wirtschaftszweige sind regelrecht darauf angewiesen, dass ausländische Fachkräfte in die Schweiz migrieren. Weiter lassen sich immer noch sehr viele vermögende Europäer aus unterschiedlichen Gründen - vornehmlich Sicherheit und Steuern - in der Schweiz nieder. Diese Personen benötigen Wohnraum, der in der Schweiz sehr beschränkt vorhanden ist.
Zusammen mit der Bevölkerungsentwicklung (immer mehr Single-Haushalte) und dem Trend zu mehr Wohnraum pro Einwohner bildet dies die Grundlage für eine sehr robuste Immobiliennachfrage. Die neu erstellten Immobilien finden Abnehmer, was im Fachjargon als auch als „Take Up“ bezeichnet wird.
2. Wir können es uns (im Moment) leisten – der Housing Affordability Index als zentrale Messgrösse
Der Housing Affordability Index (HAI) zeigt auf, wie viel vom verfügbaren Einkommen für Wohnzwecke gebraucht wird. Der Index wird von Banken auch angewendet, um die Tragbarkeit von Hypotheken zu reglementieren. Normalerweise dürfen nicht mehr als 33 % des Einkommens für das Wohnen gebraucht werden. Im Moment ist der HAI gemäss einer Studie von Credit Suisse Economic Research auf tiefen 20 – 25 %. Zudem sind gemäss dieser Studie annähernd 80 % der Hypotheken fest abgeschlossen. Somit ist der Markt über eine längere Zeitdauer gegen Zinssteigerungen abgesichert: Der HAI wird auch bei steigenden Zinsen nicht über Nacht stark ansteigen. Gemäss der Studie ist davon auszugehen, dass der HAI ab einem Zinsniveau von 4.5 % die goldene Finanzierungsregel von 33 % verfügbares Einkommen für das Wohnen übersteigt. Der HAI wird von zwei Kenngrössen beeinflusst: den Zinskosten und dem verfügbaren Einkommen. Der Index ist aktuell so tief, weil sich die Einkommen in der Schweiz trotz Finanzkrise gut entwickelt haben. Gleichzeitig sind die Zinskosten gesunken und verharren seit einiger Zeit auf historischen Tiefstständen. Dies kann sich jedoch rasch ändern, falls das verfügbare Einkommen sinkt (z. B. Erhöhung der Arbeitslosigkeit).
In den USA hat der HAI beim Platzen der dortigen Immobilienblase rund 50 % betragen. Die Amerikaner hatten darauf spekuliert, dass sie mit der Wertsteigerung der Liegenschaften und somit einem gewinnbringenden Verkauf die säumigen Bankzinsen zurückzahlen könnten. Diese Spekulation hat sich als falsch entpuppt und führte schliesslich zum Kollaps.
3. Es gibt nur wenig Spekulation im Schweizer Immobilienmarkt
Immobilienmärkte leiden oft unter einer grossen Spekulationswelle, welche einer Marktkrise vorauseilt. In den USA hat sich kurz vor dem Platzen der Immobilienspekulationsblase jedermann als Zwischenmakler betätigt. Als Immobilienkäufer traten zudem Leute auf, welche von windigen Maklern und Hypothekarverkäufern zum Kauf überredet wurden, ohne Geld in eine „sichere Anlage“ zu investieren. Diese Käufer hatten weder ein Wohnbedürfnis noch eine Ahnung der Investition. Gierige Immobilienentwickler haben zudem das vermeintliche Angebot dieser spekulativen Nachfrage geschaffen. Auch in Spanien wurden mit Hilfe von Korruption, falscher Markteinschätzung und der gütigen Hilfe unvorsichtiger Banken Immobilien erstellt, die weder einen Nutzen befriedigen noch ein Käuferbedürfnis reflektieren können. Am Beispiel Dubai zeigt sich die Spitze der Spekulation. Hier wechselten die Immobilien schon in der Erstellungsphase drei bis vier Mal die Hand, jedes Mal mit einem steuerfreien Gewinn.
Der Schweizer Immobilienmarkt baut zum Glück nicht auf solch wilden Spekulationen auf. Zwar spekulieren Marktakteure auch auf steigende Preise, insbesondere Promotionsunternehmen, die neue Eigentumswohnungen planen und diese Projekte jeweils bis drei Jahre in ihren Büchern haben. Doch die Projekte können erst erstellt werden, wenn die Hälfte oder zwei Drittel der Wohnungen verkauft sind. Hier schieben die kreditfinanzierenden Banken einen Riegel, damit Projekte erst auf dieser Stufe gestartet werden können.
Für das kurzfristige Halten von Immobilien sind die Grundstückgewinnsteuern in den meisten Kantonen progressiv, eine Spekulation mit Bestandesliegenschaften lohnt sich kurzfristig nicht. Wer dies trotzdem macht, wird bei regem Handel von Immobilien rasch als gewerbsmässiger Immobilienhändler taxiert. Dies bringt zusätzliche Steuerprobleme (direkte Bundessteuern und AHV) mit sich, was oft ein Albtraum für die Spekulanten ist. In einigen Kantonen übersteigen die Gewinnsteuern bei kurzer Haltedauer sogar den Spekulationsgewinn.
4. Die Schweizer Wirtschaft ist robust
Die Schweizer Wirtschaft hat die Finanzkrise relativ gut verkraftet. Das zeigt sich auch im aktuell starken Franken, der für die Leistungsfähigkeit und die Sicherheit der Wirtschaft steht. Da bedeutende Vermögenswerte einer Volkswirtschaft im Immobilienmarkt gebunden sind, ist eine Immobilienmarktkrise oftmals der Auslöser einer Gesamtwirtschaftskrise. Gemäss der Credit-Suisse- Studie ist der Anteil der privaten Kredite am BIP von rund 70 % (Jahr 1997) auf über 100 % angestiegen. Gleichzeitig hat die Wohneigentumsquote von ca. 33 % auf heute 40 % zugenommen. Dieser Anstieg erklärt teilweise die Ausweitung des Kreditvolumens in der Schweiz. Ein grosser Hypothekarmarkt macht die Volkswirtschaft jedoch abhängiger von Zinsschwankungen.
Unsere Marktprognose (2011)
Als Immobilienmakler sind wir keine Propheten. Trotzdem erlauben wir uns einige Kommentare zum aktuellen Markt und eine Prognose für die künftige Entwicklung des Schweizer Immobilienmarktes:
- Jeder Markt unterliegt Zyklen. Das gilt für Aktienmärkte, für den Markt von Baumwolle, Orangensaft, Gold oder Immobilien.
- Wichtig ist nicht, wann man eine Liegenschaft kauft, sondern wann man sie verkauft oder verkaufen muss. Die Zeiten, in denen man sorglos und ohne Teuerung Immobiliengewinne einstreichen kann, werden nicht ewig andauern.
- Seit der letzten Immobilienkrise 1992/93 steigen die Preise in der Schweiz kontinuierlich.
- Ein Abschwung steht wohl nicht unmittelbar bevor, doch die Rahmenbedingungen werden sich laufend verändern und dies nicht immer zum Wohl des Immobilienmarktes.
- Spätestens wenn eine anhaltende Inflation in der Schweiz messbar ist, werden die Zinsen ansteigen und den Immobilienmarkt negativ beeinflussen.
- Bei einem langsamen, moderaten Anstieg der Zinsen ist von einem „soft landing“ des Marktes auszugehen. Das ist in unseren Augen mittelfristig das wahrscheinlichste Szenario. In diesem Fall werden sich die Preissteigerungen verlangsamen und auf einem hohen Niveau konsolidieren.
- Ändern sich die Rahmenbedingungen rasch und stark, insbesondere die Verfassung der Gesamtwirtschaft (Einkommen, Arbeitslosigkeit), wird die Landung deutlich weniger sanft ausfallen.
In den USA kam der Immobilienwirtschaft mit 6.3 % des Bruttoinlandproduktes (BIP) vor der Krise eine grosse Bedeutung zu. Nach dem Platzen der Immobilienblase sank die Wirtschaftsleistung und damit die Bedeutung der Immobilienwirtschaft auf 2.4 % des BIP.
Gemäss der Schweizer Nationalbank betrug im Jahre 2005 der Anteil der Baubranche an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung rund 6 % und ihr Anteil an der Beschäftigung rund 9 %. Eindrücklicher sind die Fakten, die sich auf Bestandesgrössen beziehen. So betrug der Wert des gesamten Gebäudebestandes im Jahre 2005 rund 800 Mrd. Franken und machte damit rund 60 % des gesamten kapitalbestandes der Schweiz aus. Der Immobilienmarkt kann durch selbstgemachte Probleme implodieren. Doch auch externe Faktoren können den Immobilienmarkt negativ beeinflussen oder, wenn eine Blase vorhanden ist, diese zum Platzen bringen. Dazu gehören Arbeitslosigkeit, eine zu starke Währung, sinkende Löhne und Vermögen oder neue Steuern. Im Moment sind in der Schweiz wenige Anzeichen ersichtlich, dass externe Faktoren den Immobilienmarkt akut bedrohen. Einzig die Annahme der Steuergerechtigkeitsinitiative Ende November 2010 hätte wohl negativen Einfluss auf die Preise von sehr luxuriösen Immobilien und die weitere Ansiedelung reicher Ausländer in der Schweiz.
K O N T R A P U N K T
Die Schweizer Nationalbank warnt vor einer möglichen Immobilienblase
In verschiedenen Berichten warnte die Nationalbank vor den Entwicklungen des Immobilienmarktes. Sie hat einerseits den Markt analysiert, aber auch Interviews mit Banken geführt. Nachfolgend eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Aussagen zum Immobilienmarkt, welche Herr Philipp M. Hildebrand am 28. Oktober 2010 anlässlich eines Referats im Tessin gemacht hat:
- Generell sind in der Schweiz nur moderate Preissteigerungen von 1 % bis 4 % p.a. feststellbar, jedoch gibt es einige „Hot Spots“, wo die Preissteigerung doch beträchtlich ist.
- Die Preise sind an Orten mit hohen Leerstandsziffern (Zürich, Genf) besonders stark gestiegen.
- Eine längere expansive Geldpolitik steigert historisch gesehen das Risiko einer Fehlentwicklung.
- Die Nationalbank glaubt an die These, dass blasenartige Preissteigerungen oft auf starke, aber fundamental begründbare Preissteigerungen folgen. Das sei in den USA bis 2004 der Fall gewesen.
- Es sei Vorsicht bei der Vergabe von Hypotheken geboten. Eine Umfrage bei den Banken hat ergeben, dass sich tatsächlich Risiken auf der Hypothekarzinsfront aufbauen.
- Einige Banken fallen durch eine wenig konservative Vergabe von Hypotheken auf.
- Die gewährten Hypotheken würden oftmals die Vergabekriterien der Banken nicht erfüllen.
- Es bestehe kein Grund zur Panik. Der Preisanstieg der letzten Jahre sei mit wenigen Ausnahmen durch die Bevölkerungs- und Einkommensentwicklung erklärbar. Die Ausnahmen seien aber als Warnsignale zu verstehen. Die Risiken leiten sich in erster Linie aus der Hypothekarkreditvergabe ab.
Zusammenfassend bezieht sich die Nationalbank bei ihrer Warnung v. a. auf den Hypothekarmarkt und stellt fest, dass die von den Banken gemachten Regeln anscheinend nicht immer eingehalten werden. Falls dem wirklich so ist, sind die Warnungen verständlich. Eine zu expansive Geldpolitik der Nationalbank mit einer expansiven Vergabepolitik der Banken ist eine explosive Mischung und kann bei steigenden Zinsen rasch zu einem Marktungleichgewicht führen.
5. Der Markt ist intakt – Angebot und Nachfrage bestimmen die Preise
In den USA ist der Markt seit dem Platzen der Immobilienblase völlig ineffizient. Die Banken vertrauen dem Markt nicht und geben keine Finanzierungen mehr. Die geringe Nachfrage wird dadurch von den Banken im Keim erstickt. Die vielen Zwangsverkäufe, die bis zu 40 % aller Verkäufe ausmachen, weiten die Angebotsseite zusätzlich aus und führen zu einer bedrohlichen Preisinstabilität. Aus einer solchen Spirale herauszufinden ist ein nicht ganz einfaches und wohl längerfristiges Unterfangen. In der Schweiz konnte nach dem Platzen der Immobilienblase Anfangs der 90er Jahre eine ähnliche Situation beobachtet werden. Obschon wir nun seit längerem in der Schweiz einen intakten Markt haben, sowohl bei der Nachfrage wie auch beim Angebot, kann sich das rasch ändern.
Nach dem Ende der Dotcom-Blase im Jahre 2001 sowie zu Beginn der Finanzkrise im Jahre 2009 (2. Quartal) waren im Markt deflationäre Tendenzen bei den Käufern spürbar. Diese spekulierten auf sinkende Immobilienpreise. Der Immobilienmarkt konnte sich glücklicherweise auffangen, doch man hat gespürt, wie wenig es braucht, damit die Eigenheimkäufer emotional ihre Kaufentscheide abwägen und bei vermeintlich sinkenden Preisen vertagen können.
Autor: Claude Ginesta
Claude A. Ginesta ist Eidg. dipl. Immobilientreuhänder und CEO / Inhaber von Ginesta Immobilien AG.
Das Unternehmen wurde 1944 gegründet und ist auf den Verkauf von Immobilien im Wirtschaftsgebiet Zürich und Graubünden spezialisiert. Für Objekte mit überregionalem Charakter ist das Unternehmen mit Niederlassungen in Küsnacht, Horgen und Chur schweizweit als Makler tätig.
Herausgeber der Illusionen-Reihe Ginesta Immobilien AG, www.ginesta.ch