Fliegenfischen:

Der grosse Wurf

Die hohe Kunst des Fliegenfischens ist das Hobby von Ralph Geigle, Geschäftsleiter bei Ginesta Verwaltungen AG.
Warum er in seiner Freizeit kreuz und quer durch die Lande zieht und es ihm gar nicht so wichtig ist, wie viele Fische er fängt, erfahren Sie in seinem Bericht.

«Ich schöpfe aus meinem Hobby Kraft und Ruhe. Für mich ist es neben meiner Familie der beste Ausgleich zu meinem Berufsalltag als Geschäftsleiter der Ginesta Verwaltungen AG.»

Der Morgen und der Abend ist die Zeit der Fliegenfischer. Dann werden nämlich die Fische aktiver, verlassen im Schutz der Dämmerung ihr Versteck und jagen im Flachwasser in Ufernähe nach Nahrung. Tagsüber sind sie scheu und halten sich an schattigen, tieferen Plätzen auf. Geht die Sonne aber unter, zeigen kleinere und grössere kreisförmige Wellen ihre Aktivität im Wasser. Fliegenfischer nennen diese Spanne zwischen Tag und Nacht den «Sprung der Abendstunde».
Fliegenfischen ist eine uralte Form, Fische zu fangen. Bereits in über 2000 Jahre alten griechischen Schriften findet man Hinweise auf künstliche Fliegen aus Fell- und Federstücken. Zuerst wurde nur mit einer Schnur gefischt, später kamen Rute und Rolle dazu, auf der die Schnur aufgewickelt wird. Lange galt diese Form des Fischfangs als exklusives, elitäres Hobby für Männer der gehobenen Klasse. Was englische Aristokraten damals als «Erholung für den nachdenklichen Mann» bezeichneten, entwickelte sich aber immer mehr zu einer anerkannten und beliebten Trendsportart für Männer – und Frauen. Inzwischen schätzt man, dass weltweit über eine Million Frauen dieses Outdoor-Vergnügen für sich entdeckt haben, das entspricht etwa 15 bis 20 Prozent aller Fliegenfischer.

Fliegenfischen
Revolutioniert hat das Fliegenfischen unter anderen auch der Schweizer Charles Ritz (1891–1976). Ritz war nicht nur ein berühmter Hotelier, sondern vor allem in leidenschaftlicher Fliegenfischer. So fischte er auch gemeinsam mit dem Schriftsteller Ernest Hemingway, den unter anderem seine Novelle «Der alte Mann und das Meer» weltberühmt machte. Hemingway verfasste im Buch «Erlebtes Fliegenfischen» von Charles Ritz das Vorwort – es gilt nach wie vor als die «Bibel» der Zunft. Gefi scht wird heute mit sehr leichten und schlanken Ruten aus Kohlefaser, die mit einem Griff aus Kork versehen sind. Verwendet werden Haken ohne Widerhaken, die das Tier weniger verletzen und so auch schonend wieder ins Gewässer zurückgesetzt werden kann.
Mit der Fliege – Insekten sind die natürliche Nahrung der Fische – geht man hauptsächlich in Fliessgewässern auf Fang. Man fischt damit sogenannte salmonidenartige Fische wie Forellen, Saiblinge, Äschen und Lachse. Viel Kraft braucht es dazu nicht. Wichtig sind Wurftechnik, Geduld, Aufmerksamkeit und die Gabe, im richtigen Moment das Richtige zu tun. Und natürlich ist auch Standfestigkeit gefordert, etwa, wenn man sich mitten in Wildbächen positioniert. Bei riskanten Manövern sollte man nicht alleine unterwegs sein.

Auseinandersetzen mit der Natur
Ein geschickter Fliegenfischer verbringt viel Zeit beim Beobachten der Umgebung. Er hat in der Regel Biologiekenntnisse von Fischen, studiert das Leben der Insekten, hat Einblick in Chemie und Physik des Gewässers und widmet Wetter, Wind und Wasserstand seine Aufmerksamkeit. Fliegenfischer sind Allround-Talente, die immer wieder Neues entdecken. Wir Fliegenfischer legen Wert darauf, dass Fische auf möglichst behutsame Art gefangen werden. Die Auseinandersetzung mit der Natur und die behutsame Art des Fischens sind es auch, was mich an der Fliegenfischerei so fasziniert. Hinzu kommt der meditative Aspekt des Fliegenfischens, der für mich ein wichtiger Ausgleich zum Berufsalltag ist.
Vor rund 20 Jahren hat mich der bekannte Schweizer Fliegenfischer Hans-Ruedi Hebeisen an einem Kurs in das Fliegenfischen eingeführt. Es dauerte nicht lange, bis ich mir die optimale Wurftechnik mit all ihren Spezial- und Trickwürfen aneignen konnte. Heute fröne ich meinem Hobby am liebsten an Wildbächen und Flüssen in der Schweiz, Österreich und dem Schwarzwald. Das Gefühl ist unbeschreiblich, wenn man eine stattliche Forelle auf Sicht anwerfen kann und sieht, wie der Fisch nach der Fliege steigt und sie nimmt. Nebst dem perfekten Wurf ist aber vor allem wichtig, wie man dem Fisch die Fliege präsentiert. Man muss schon ein wenig an seine Fliege glauben und viel Geduld haben. Fliegenfischen ist die Kunst der Verführung.

Künstliche Fliegen locken Fische an
Als Köder werden keine echten, sondern künstliche Fliegen verwendet. Das Binden ist eine Kunst für sich. Das wusste schon die Verfasserin Juliana Berners (geb. um 1400) des ersten Fachbuchs «A Treatise of Fishing with an Angle». Hier beschreibt Juliana Berners, wie man künstliche Fliegen aus Naturmaterial wie Federn und Fellen so naturgetreu wie möglich nachbildet. Das Binden der künstlichen Insekten erfordert Fingerfertigkeit, Fantasie und handwerkliches Geschick. Imitiert werden natürliche Beutetiere der Fische wie Flug-, Land- und Wasserinsekten. Manchmal experimentiere ich auch mit eigenen, frei erfundenen Kreationen. Für mich ist das Fliegenbinden zu einer geliebten Tätigkeit an Winterabenden geworden, bei der ich den schönen Stunden am Wasser nachträumen kann.

Tradition und Exklusivität
Wer die exklusiven Ruten, Rollen, die Bekleidung und das gepflegte Material betrachtet, dem mag Fliegenfischen wie ein elitärer, teurer Sport erscheinen. Doch in Wirklichkeit benötigt man für diese Sportart nicht mehr als eine Fliegenrute, eine Fliegenschnur, eine Rolle und ein sogenanntes Vorfach. Die Hauptaufgabe des Vorfachs besteht darin, einen gleichmässigen Übergang von der relativ dicken Fliegenschnur zur Hakenöse herzustellen. Jeder Fliegenfischer erliegt früher oder später der Verlockung einer exklusiven Rute aus England, dem Mutterland des Fliegenfischens. So erstaunt es nicht, dass die englischen Rutenhersteller auf Tradition und Exklusivität achten.

«Beim Fliegenfischen wie auch im beruf braucht es Geduld, Respekt und das Geschick, im richtigen Moment das Richtige zu tun.
Beim Fliegenfischen geht es nicht um die Menge, sondern um das Erlebnis.»


Ralph Geigle

Beruf: Geschäftsleiter Ginesta Verwaltungen AG
Ausbildung: Eidg. dipl. Immobilientreuhännder, Immobilienbewirtschafter mit eidg. FA, Immobilienvermarkter mit eidg. FA


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