Energetische Sanierungen: Eine Chance für alle

Die Schweiz hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2050 netto keine Treibhausgase mehr auszustossen.  Da der Gebäudepark für über einen Viertel des CO2-Ausstosses der Schweiz verantwortlich ist, sind Massnahmen in diesem Bereich besonders effizient. 

Für den CO2-Ausstoss von Gebäuden sind vor allem Öl- und Gasheizungen verantwortlich. Die übrigen Wärmeerzeuger gelten als CO2-neutral. Dies gilt vorab für Fernwärme und Wärmepumpen. Aber auch Holz (erneuerbar) und Elektrizität (wird in der Schweiz vorwiegend CO2-neutral produziert) gelten als CO2-neutral.

Da im Neubau so gut wie keine Öl- oder Gasheizungen mehr eingebaut werden, sind Neubauten per definitio-nem CO2-neutral. Umso mehr lohnt sich ein Blick auf diejenigen Gebäude, die noch mit Öl oder Gas beheizt werden. Ältere Liegenschaften sind besonders problematisch, da sie nicht nur meist noch fossile Wärmerzeu-ger nutzen, sondern in vielen Fällen auch schlecht isoliert sind. Der Druck auf die Eigentümer steigt, nicht zuletzt deshalb, weil immer mehr Kantone die MuKEn 2014 umsetzen.

Was bedeutet das? Müssen die Eigentümer solcher Liegenschaften nun viel Geld investieren, ohne dass sie einen finanziellen Nutzen davon haben? Und müssen die Mieter auf jeden Fall höhere Mieten in Kauf nehmen? Dass das nicht so sein muss, zeigt eine Untersuchung, die die das Bundesamt für Energie (BFE) beim Immobilienberatungsunternehmen Wüest Partner in Auftrag gegeben hat. 

Die Umwelt profitiert auf jeden Fall
Dass die Umwelt von energetischen Sanierungen profitiert, wenn ein Gebäude nach einer energetischen Sanierung umweltschonender betrieben wird, steht ausser Frage. Welche Bedingungen aber müssen erfüllt sein, damit auch die Eigentümer der Immobilien und deren Mieter von energetischen Sanierungen profitieren können?

So profitieren die Eigentümer von Mietwohnungen
Die Eigentümer von Immobilien profitieren von einer energetischen Sanierung, wenn sie die Investitionskosten durch höhere Mieterträge finanzieren und damit den Marktwert ihrer Liegenschaften steigern können.

Die Mieterträge erhöhen sich typischerweise in zwei Schritten: Zunächst kann gemäss Mietrechtspraxis ein Teil der Investitionen auf die Bestandesmieter überwälzt werden. Damit steigen die Erträge auf jeden Fall. In vielen Fällen reicht das aus, um die Investitionskosten zu kompensieren, oft aber auch nicht. 

Nun sollte man aber den zweiten Schritt nicht vergessen, der im Rahmen der üblichen Mieterfluktuation erfolgt: Bei einer Neuvermietung hat der Vermieter nämlich die Möglichkeit, die Mieten, die vor allem bei langjährigen Mietverhältnissen dem Markt hinterherhinken, wieder dem Marktniveau anzupassen. Da für Mieter die Bruttomiete (Nettomiete plus Nebenkosten) entscheidend ist, kann der Vermieter mit derselben Bruttomiete aufgrund der tieferen Heizkosten künftig höhere Nettoerträge generieren. Letztendlich bedeutet dies, dass bei einer Erhöhung der Miete auf Marktniveau die ganzen Investitionskosten der energetischen Sanierung nachträglich auf die neuen Mieter überwälzt werden können. Die dank der Sanierung erzielten Zusatzerträge fallen also mit jedem Mieterwechsel immer höher aus. Der Marktwerteffekt einer Sanierung entfaltet sich erst dann vollständig, wenn alle Wohnungen neu bezogen wurden und die Mieten wieder dem Marktniveau entsprechen.

So profitieren die Mieter
Mieter profitieren von einer energetischen Sanierung, wenn die Heizkosten dank der Sanierung so stark sinken, dass damit die Erhöhung der Nettomiete überkompensiert wird. Je höher die Heizkosten vor der Sanierung waren, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Bruttomiete nach der Sanierung günstiger ist als vor der Sanierung. Nicht zu vergessen ist natürlich die Tatsache, dass die Mieter nicht nur in bestimmten Fällen einen finanziellen Nutzen aus einer Sanierung ziehen können, sondern in jedem Fall von einem höheren Wohnkomfort profitieren. So haben etwa neue Fenster nicht nur einen besseren Dämmwert, sondern schützen auch besser vor Lärm; eine Komfortlüftung erhöht die Wohnqualität signifikant; und eine Erdsonden-Wärmepumpenanlage heizt nicht nur im Winter, sondern bietet im Sommer auch die Möglichkeit, die Wohnung zu kühlen. Ausserdem legen immer mehr Mieter Wert darauf, in einer umweltgerecht betriebenen Liegenschaft zu wohnen.

So profitieren die Eigentümer von selbst genutztem Wohneigentum
Auch Eigentümer, die in ihren eigenen vier Wänden wohnen, können von einer energetischen Sanierung finan-ziell profitieren. Dies ist dann der Fall, wenn die Einsparungen bei den Heizkosten höher ausfallen als die Finanzierungskosten der Sanierung. Das heutige Tiefzinsumfeld bietet dafür besonders günstige Möglichkeiten.

Unter welchen Bedingungen profitieren neben der Umwelt auch Eigentümer und Mieter?

Heizkosten: Je höher die Heizkosten vor der Sanierung sind, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Einsparungen aufgrund der Sanierung die Finanzierungskosten derselben übertreffen.
Ersatz der Heizung: Je einfacher eine fossile durch eine nicht fossile Heizung ersetzt werden kann, desto tiefer fallen die Kosten für den Ersatz der Heizung aus. Das heisst, es ist hilfreich, wenn eine Liegenschaft, die saniert werden soll, an ein bestehendes Fernwärmenetz angeschlossen werden kann oder an einem Ort steht, an dem der Einbau einer Wärmepumpe ohne grossen Aufwand möglich ist.
Eingriffstiefe: Oft sind diejenigen Sanierungen finanziell am effizientesten, die nicht die maximal mögliche Eingriffstiefe vorsehen. Der Ersatz einer Öl- oder Gasheizung durch eine nicht fossile Heizung ist meist die wichtigste Massnahme. Je nachdem kann diese begleitet werden durch weitere Massnahmen (neue Fenster, Dämmung der Kellerdecke, des Daches oder von Teilen der Fassade, Photovoltaik-Anlage).
Fördergelder: Staatliche Fördergelder reduzieren die Nettoinvestitionskosten von Sanierungen und kommen sowohl dem Mieter als auch dem Eigentümer zugute. Oft spielen sie das Zünglein an der Waage, wenn es darum geht, ob eine Sanierung sich für die involvierten Parteien auch finanziell auszahlt. Die Höhe der Fördergelder und die Bedingungen für ihren Bezug unterscheiden sich von Kanton zu Kanton und von Gemeinde zu Gemeinde sehr stark.

Fazit
Eine energetische Sanierung wird nicht in allen Fällen drei Gewinner (Umwelt, Eigentümer, Mieter) zeitigen. Die Studie macht aber klar, dass das Potenzial dafür doch recht gross ist und bisher wohl unterschätzt wurde.

Quelle
Dieser Beitrag stützt sich auf die Studie «Energetische Sanierungen. Eigentümer, Mieter und Umwelt als Gewinner», die Wüest Partner im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE) verfasst hat. Die Studie ist frei verfügbar und kann unter folgendem Link heruntergeladen werden.