Einblicke in die USA, Marktentwicklung
 

Unser dritter Besuch bei der Inman Connect NYC, einer führenden Konferenz für Immobilientechnologie und Marktentwicklungen, hat uns einmal mehr die Augen geöffnet. Mit über 1'000 Teilnehmenden aus aller Welt und einer Vielzahl an Sessions zu MarTech und allgemeinen Markttrends wurde deutlich, wie dynamisch und volatil der Immobilienmarkt sein kann – und welche Rolle Technologie und Marktdominanz dabei spielen.

Aktuelle Marktverfassung in den USA

In den Jahren 2022 und 2023 wurde der US-Immobilienmarkt von den starken Hypothekarzinserhöhungen erschüttert. Diese stiegen zeitweise auf alarmierende 8 Prozent und führten zu einer signifikanten Abkühlung des Marktes. Besonders betroffen waren bestimmte Regionen, in denen das Handelsvolumen um 30-50 Prozent zurückging.

Ein weiterer Indikator für die Marktspannungen ist der «Housing Affordability Index», der aufzeigt, wie viel Prozent des Einkommens für Wohnkosten aufgewendet werden müssen. In einigen Märkten, wie Denver mit 40 Prozent, Orlando mit 35 Prozent und Phoenix mit 33 Prozent, hat dieser Index bedenkliche Höhen erreicht, die über dem kritischen Wert von 33 Prozent liegen.

Besonders alarmierend ist der drastische Rückgang der Käufer aus der Generation der Millennials (Jahrgang 1981 bis 1995), der von 43 Prozent im Jahr zuvor auf 28 Prozent im Jahr 2023 fiel. Dieser Rückgang ist vor allem auf das geringe Eigenkapital dieser Altersgruppe zurückzuführen, welches ihnen zunehmend erschwert, sich Eigentum zu leisten. Im Gegensatz dazu stellen die Babyboomer (Jahrgang 1946 bis 1965) mit einem Anteil von 39 Prozent derzeit die grösste Käufergruppe dar.

Die Notwendigkeit zu Kompromissen bei der Immobiliensuche ist für viele Käufer zur Realität geworden: 62 Prozent müssen ihr Budget überdehnen, 51 Prozent richten ihr Augenmerk auf kleinere Eigenheime, und 28 Prozent sind gezwungen, ihren Suchradius zu erweitern. Diese Entwicklungen unterstreichen die wachsenden Herausforderungen auf dem Immobilienmarkt.

Zum aktuellen Zeitpunkt zeichnet sich jedoch eine leichte Entspannung ab: Sowohl die Inflation als auch die Zinsen sind rückläufig, mit Hypothekenzinsen, die sich derzeit auf 6,9 Prozent belaufen. Prognosen grosser Hypothekenbanken wie Fannie Mae, der Mortgage Bankers Association und Wells Fargo deuten auf eine weitere Reduzierung der Hypotheken auf 5,5 bis 6,1 Prozent bis Ende 2024 hin.

Exklusive Einblicke:
Zwei herausragende Immobilienprojekte in New York

Während unserer jüngsten Reise nach New York hatten wir das Privileg, zwei aussergewöhnliche Immobilienprojekte zu besichtigen, die durch ihre Einzigartigkeit und Luxusausstattung bestechen. Die Besichtigungen, ermöglicht durch die renommierte Immobilienagentur Corcoran, gaben uns einen tiefen Einblick in die Welt der High-End-Immobilien im Herzen von New York.

On High Line: Wohnen im Luxus

Das erste Projekt, «On High Line», ist eine atemberaubende Entwicklung in Chelsea Hudson Yards, die mit ihrer Lage und Ausstattung neue Massstäbe setzt. Mit 236 Residenzen und einem Verkehrswert von über 1,4 Milliarden USD repräsentiert dieses Projekt den Gipfel des urbanen Luxuswohnens. Die Preisspanne für die Wohnungen ist ebenso beeindruckend, mit den teuersten Einheiten, die für über 17,5 Millionen USD den Besitzer wechseln. Selbst ein Parkplatz in dieser prestigeträchtigen Anlage ist mit 750.000 USD ein Statement des Luxus. Die Maklerin, die uns durch die Anlage führte, gehört zu den Top-Maklerinnen in den USA, mit Immobilienverkäufen von über 500 Millionen USD im letzten Jahr allein – ein Beweis für die Exklusivität und begehrte Lage von «On High Line».

111 West 57th Street: Ein architektonisches Meisterwerk

Das zweite Projekt, die «111 West 57th Street», ist ein architektonisches Wunderwerk, das sich durch seine schlanke Silhouette und aussergewöhnliche Höhe auszeichnet. Mit 435 Metern ist dieses Hochhaus nicht nur eines der höchsten, sondern auch eines der schmalsten Gebäude der Welt. Die Residenzen, die jeweils ein ganzes Stockwerk einnehmen, bieten einen unvergleichlichen Luxus und eine Privatsphäre, die in der hektischen Metropole ihresgleichen sucht. Die von uns besichtigte Maisonettewohnung im 57. Stockwerk mit einer Fläche von 605 Quadratmetern war zum Preis von 54,6 Millionen USD ausgeschrieben. Interessanterweise gibt es in diesem Gebäude keine Parkplätze, was die Erwartung unterstreicht, dass die Bewohner wohl einen persönlichen Chauffeur haben dürften. Die monatlichen Unterhaltskosten von 17'000 USD, zuzüglich einer ebenso hohen Summe für Grundsteuern, verdeutlichen die finanzielle Verpflichtung, die mit einem solchen Luxus einhergeht.

Die Käuferschaft dieser exquisiten Residenzen setzt sich hauptsächlich aus Personen zusammen, die diese Apartments als ihren dritten, vierten oder sogar fünften Wohnsitz haben. Diese internationalen Käufer besitzen oft Immobilien in den exklusivsten Gegenden wie den Hamptons, Florida und Aspen und sehen ihr New Yorker Apartment als ein weiteres Juwel in ihrer Sammlung von Luxusdomizilen. Die Transaktionen werden üblicherweise bar abgewickelt, was die finanzielle Stärke dieser Käufergruppe unterstreicht.

Leider spielte das Wetter während unseres Besuchs nicht mit, und der berühmte Blick auf den Central Park blieb uns verwehrt. Dennoch war die Erfahrung, auch für diejenigen unter uns mit Höhenangst, äusserst angenehm und eindrucksvoll.

Diese Besichtigungen boten uns nicht nur einen seltenen Einblick in zwei der spektakulärsten Immobilienprojekte New Yorks, sondern auch ein tieferes Verständnis für die Dynamik und die Exklusivität des High-End-Immobilienmarktes in dieser pulsierenden Stadt.

Umbrüche in der US-Immobilienbranche: Ein Weckruf für den Markt

In jüngster Zeit hat die US-Immobilienbranche eine Reihe von Herausforderungen erlebt, die weitreichende Auswirkungen auf Makler, Käufer und die gesamte Branche haben. Neben den bereits hohen Zinssätzen, die den Markt erheblich belasten, haben Sammelklagen von Käufern gegenüber Maklerunternehmen für Aufsehen gesorgt. Käufer beklagen sich über einheitlich hohe Provisionen, die an Makler gezahlt werden müssen, selbst wenn diese nicht ausreichend mit den betreffenden Immobilien vertraut sind. Diese Problematik erinnert stark an die Diskussionen in Deutschland, wo das «Bestellerprinzip» im Mietmarkt dazu geführt hat, dass die Maklerkosten vollständig von der beauftragenden Partei, also in der Regel dem Vermieter, getragen werden müssen.

Grosse Maklerunternehmen wie RE/MAX, Anywhere und Keller Williams sahen sich gezwungen, hohe Geldstrafen zu zahlen, um aus diesen Rechtsstreitigkeiten herauszukommen. Die Sammelkläger argumentierten, dass die Provisionen konstant hochgehalten und Preisabsprachen zwischen den Marktteilnehmern getroffen werden.

Ein weiteres brisantes Thema ist die aggressive Expansion von CoStar, einem Giganten unter den Private-Equity-Unternehmen, der immer mehr Immobilienportale zusammenkauft. Im Vergleich zu CoStar sind selbst Immoscout.de oder die Swiss Marketplace Group kleine Player. CoStar hatte vor der Übernahme von Plattformen wie Homesnap, apartments.com und Homes.com bereits eine bedeutende Position im kommerziellen Immobiliensektor inne. Die neuen Akquisen und den USA sowie gekaufte Marktplätze in Europa (z.B. onthemarket.com in England) richten sich nun auf den globalen Wohnimmobilienmarkt, mit dem klaren Ziel, Marktführer zu werden. Dazu werden in den USA jährliche Werbeausgaben von 600 Millionen USD für das Wachstum von Homes.com investiert. Zum Vergleich: Zillow's Werbebudget wird auf 150 Millionen USD geschätzt. Im dritten Quartal 2023 hatte Zillow über 3,2 Milliarden USD an Barreserven, im Gegensatz zu CoStars über 5 Milliarden USD.

Was CoStar von Zillow unterscheidet, ist seine B2B-Strategie. CoStar bietet detaillierte Daten und Analysen für die Makler, während Zillow als Marktplatz mit der B2C-Strategie auf Immobilienanzeigen und Werkzeuge für die Suchenden/Käufer sich ausrichtet. Für Makler bietet z.B. das Portal Homes.com (von CoStar) das Versprechen «Ihr Eintrag, Ihr Lead», womit Makler im Vordergrund stehen und direkt die Leads erhalten, ohne diese durch Ersteigerung des Meistbietenden kaufen zu müssen – eine konstante Praxis bei Zillow oder Immoscout.de

Diese Entwicklungen in der US-Immobilienbranche signalisieren eine bedeutende Verschiebung. Die Drohgebärden der angeblich «weissen Ritter» SMG, dass Facebook oder Google den Immobilienhandel bald übernehmen würden, hört man in den USA nicht. Allerdings scheint klar zu sein, dass kleine Maklerunternehmen ohne Brand in diesem Wettbewerb der Giganten untergehen. Darum erstaunt es nicht, dass grosse Franchiseunternehmen sowie börsenkotierte Unternehmen wie RE/MAX, Keller Willams Reality, Coldwell Banker, Berkshire Hathaway HomeServces, Anywhere Real Estate, Compass Group in den letzten Jahren kleine Maklerunternehmen aufgekauft haben oder diese ganz verschwunden sind.

Künstliche Intelligenz:
Ein Paradigmenwechsel in der digitalen Welt

Künstliche Intelligenz (AI) stand im Mittelpunkt der Diskussionen auf der Inman Connect NYC Konferenz, doch die Realität hinter dem Hype hat uns etwas ernüchtert zurückgelassen. Die Komplexität und Undurchsichtigkeit der AI-Algorithmen, selbst für die Entwickler, stellt eine bemerkenswerte Herausforderung dar. Es ist eine ironische Wendung, dass die Schöpfer dieser Technologien oft nicht vollständig erklären können, wie ihre Algorithmen zu ihren Ergebnissen kommen.

AI hat sich längst über textbasierte Anwendungen hinaus in die Welt der Fotografie und Videografie ausgedehnt. Es wurden zahlreiche nützliche Tools vorgestellt, die zeigen, wie weit AI in diesen grafischen Bereichen bereits fortgeschritten ist. Dies verdeutlicht, dass AI mehr als nur ChatGPT ist: Es ist ein umfassendes Ökosystem, das alle Aspekte unseres digitalen Lebens durchdringt.

Die Nutzung von Algorithmen ist mittlerweile allgegenwärtig auf Plattformen wie X (früher bekannt als Twitter), Instagram, Snapchat, Facebook, TikTok und YouTube. Insbesondere YouTube fördert derzeit längere Videoformate, die häufig durch (bezahlte) Werbung unterbrochen werden können, während kürzere Inhalte von weniger als 60 Sekunden nicht die gleiche Performance zeigen wie längere Videos, die idealerweise zwischen 1-3 Minuten liegen sollten, mit einer Tendenz zu noch längeren Formaten.

Das primäre Ziel dieser Algorithmen ist es, Nutzer länger auf der Plattform zu halten, indem sie mit relevantem Content versorgt werden. Letztendlich zielen die Plattformen darauf ab, durch die Maximierung von Inhalten und Nutzerzahlen die dominierende Kraft im digitalen Raum zu werden. Dieses Geschäftsziel treibt die ständige Anpassung der Algorithmen voran, um die Aufmerksamkeit der Nutzer in einer zunehmend überfluteten digitalen Landschaft zu gewinnen und zu halten.

Die Revolution durch ChatGPT:
Ein Wendepunkt für die Arbeitswelt

Auf der Bühne der Inman Connect NYC Konferenz standen Vertreter von OpenAI, die eine faszinierende Einsicht in die Zukunft der Arbeit teilten. Mit der Behauptung, dass ChatGPT 60 Prozent der Jobs verändern wird, machten sie deutlich, dass wir uns erst am Anfang einer weitreichenden Entwicklung befinden. Diese Erkenntnis ist besonders für Makler und Unternehmer von Bedeutung, die in einem zunehmend digitalisierten Umfeld nach Effizienz und Verbesserung ihrer Kundenbeziehungen streben.

Die Nutzung von ChatGPT und ähnlichen AI-Tools verspricht eine Revolution in der Arbeitsweise, indem repetitive und zeitaufwändige Aufgaben automatisiert werden. Dies eröffnet neue Möglichkeiten, sich intensiver und persönlicher um Kundenbelange zu kümmern – ein Ansatz, der in der Vergangenheit bereits durch Marketingautomatisierung angestrebt wurde. Nun wird erwartet, dass die digitalen Automatisierungen mit Hilfe von AI-Tools eine neue Dimension erreichen.

In einer bemerkenswerten Session gab ein Makler den Rat, das System durch gezieltes Training zu personalisieren, indem man ChatGPT spezifische Fragen zum eigenen Geschäftsbereich stellt. Es wurde vorgeschlagen, Käufer- und Verkäufer-Personas mit ihren spezifischen Bedürfnissen und «Pain-Points» zu definieren, um so ein zielgerichtetes, AI-basiertes Profil zu entwickeln. Interessanterweise wurde angemerkt, dass man ChatGPT herausfordern könne, indem man bei nicht zufriedenstellenden Antworten einen bestimmten, entschlossenen Ton anschlägt oder sogar betont, wie wichtig die Antwort für den eigenen Job sei, um im dritten Anlauf möglicherweise doch die gewünschte Auskunft zu erhalten.

Ein Bereich, der noch Fragen aufwirft, ist die Verwendung der eingegebenen Daten im Rahmen von Open-Source-Projekten. Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes und Datensicherheit sind in diesem Kontext besonders relevant.

Ein aufsehenerregender Fall ist die Klage der New York Times gegen ChatGPT, die sich auf die mögliche Nutzung geschützter Inhalte aus den Archiven der Zeitung bezieht. Andere Verlage, wie Axel Springer, haben hingegen entschieden, ihre Archive gegen Entgelt zur Nutzung freizugeben.

Ein weiteres kritisches Thema ist die Verbreitung von Fake News durch AI. Die Fähigkeit des Systems, auch falsche Informationen zu speichern und weiterzuverarbeiten, wirft wichtige Fragen hinsichtlich der Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit von AI-generierten Inhalten auf.

Die Implikationen von ChatGPT und ähnlichen AI-Technologien für die Arbeitswelt sind tiefgreifend und vielschichtig. Während sie enorme Chancen für Effizienzsteigerung und Kundenbetreuung bieten, müssen die ethischen, rechtlichen und sicherheitstechnischen Aspekte sorgfältig bedacht werden. Wir stehen am Anfang einer Revolution, die die Art und Weise, wie wir arbeiten, nachhaltig verändern wird.